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Adrian Fetscherin: "Jeder einzelne Aroser hat eine Menge Hockey-Qualität"

Seit Adrian Fetscherin beim Bündner Erstligisten EHC Arosa als Geschäftsführer amtet, geht es auf als auch neben dem Eis steil bergauf. Eigentlich wären die Schanfigger in die 2. Liga abgestiegen, doch nun zieren sie überraschend die Tabellenspitze in der 1. Liga OST und möchten früher oder später...

Zum Start in die neue Saison musste der EHC Arosa nach Dübendorf. In der letzten Saison gab es eine 1:11-Klatsche. Diesmal verlor Arosa "nur" mit 1:4. Was dachten Sie damals, wie der Saisonverlauf werden könnte?

Ein Guter. Die Mannschaft zeigte in Dübendorf eine prima Leistung. Lange stand es 0:0 und mit Glück, auch wenn Dübendorf damals besser war, hätte der EHC Arosa bereits da punkten können. Die Spieler hatten manche hochkarätige Torchancen.

Mittlerweile sind weitere zehn Partien absolviert und der EHC Arosa verliess das Eis stets als Sieger, wie erklären Sie sich diese Steigerung?

Jeder einzelne Aroser hat eine Menge Hockey-Qualität. Die Spieler haben zudem schnell zueinander gefunden und sind zu einem echten Team gereift. Der Sieg im ersten Heimspiel gegen Bülach hat sicherlich entscheidend dazu beigetragen, dass die Mannschaft den Beweis hatte, dass das Trainierte und Besprochene greift. Danach kam der EHC Arosa in einen tollen Fluss.

Die Tabelle zeigt (Arosa steht mit 28 Punkten an erster Stelle, hat jedoch eine Partie mehr absolviert), dass man in Arosa bislang gute Arbeit geleistet hat. Hat man aus den Fehlern der letzten Saison gelernt?

Auf Grund der letzten, sehr schlechten Jahre, war allen in Arosa klar, dass Grundlegendes auf und neben dem Eis verändert werden musste, um das Steuer herumreissen zu können. Wir haben die Mannschaft fast komplett neu gebaut und bei der Zusammenstellung sehr genau auf verschiedene Aspekte geachtet.

Im Gegensatz zu den letzten Jahren wohnen, leben und arbeiten fast alle Spieler wieder in Arosa. Dadurch ist die Akzeptanz und das Interesse von Seiten der Bevölkerung gegenüber der Mannschaft in Arosa sofort wieder stark gestiegen. Die Spieler unternehmen viel miteinander und sind zu einer verschworenen Truppe verschmolzen. Das "Sein" im Dorf war eine der entscheidenden Veränderungen gegenüber den Vorjahren.

Am kommenden Mittwoch, 11. November (20 Uhr), steigt in der Eishalle Obersee in Arosa der Spitzenkampf gegen Dübendorf, ist Ihr Team reif, um den grossen Favoriten schlagen zu können?

Eigentlich nicht (Schmunzel). Und trotzdem setzte ich sofort auf "Sieg EHC Arosa".

Wo steht der ehemalige Schweizer Meister am Ende der 1. Liga Saison?

Auf den Beinen.

Sie haben bereits angedeutet, dass sie mit den Bündnern einen weiteren Versuch unternehmen werden, um in der kommenden Saison in die National League B aufgenommen zu werden. Was hat sich seither beim EHCA verändert und was muss sich noch verbessern um dieses anvisierte Ziel erreichen zu können?

Der EHC Arosa setzt das in der Praxis um, was er in seinem Bewerbungsdossier für die NLB bereits diesen Frühling ohnehin aufgeführt und versprochen hatte - was Swiss Ice Hockey eigentlich auch für einen Aufstieg in die NLB verlangte und trotz den erfüllten Auflagen dann doch nicht durchliess...

Was ist in zehn Jahren, spielen die Aroser dann sogar in der höchsten Schweizer Liga?

So spannend es ist, weit vorauszublicken, macht es keinen Sinn, zehn Jahre voraus zu sinnieren. Im 2005 sah das Schweizer Eishockey ganz anders aus und dies wird auch im Jahr 2025 wiederum der Fall sein. Wir versuchen in der jetztigen Phase und den aktuellen Umständen für den EHC Arosa die bestmöglichen Entscheide zu treffen.

Sie waren schon bei den Kloten Flyers sowie Hockey Thurgau engagiert, wo sehen Sie die Unterschiede zwischen der NLA und der NLB?

Bei den Kloten Flyers war ich nie. Ich zog zum Glück vor dem geplanten Stellenantritt die Reissleine. Die Unterschiede zwischen den Klubs der beiden höchsten Schweizer Ligen liegen in der sportlichen Qualität, im professionellen Umfeld, im Finanziellen, in Sicherheitsfragen und in der medialen Aufmerksamkeit.

Nun ist bereits einige Zeit vergangen seit ihrem Weggang bei den Thurgauern, was war eigentlich der Grund für die plötzliche Trennung?

Der HC Thurgau war über viele Jahre eine graue Maus in der Liga und vor allem auch in der Wahrnehmung der Leute: Keinen sportlichen Erfolg, wenig Identifikation bei den Thurgauern, im Gesamtauftritt um Jahre zurückgeblieben. Um Hockey Thurgau vorwärts zu bringen, galt es Verschiedenes entscheidend zu verändern - was auf allen Ebenen gelang.

Nicht allen passten die Neuerungen und so kam es zu unterschiedlichen Auffassungen, wie der Klub in die Zukunft geführt werden müsste. Ich blicke aber sehr zufrieden auf die Zeit im Thurgau zurück, durfte mit tollen Menschen den Klub gestalten und konnte vieles bewegen. Ich drücke dem HCT nach wie vor bei allen Matches fest die Daumen.

Wer wird ihrer Meinung nach Schweizer Meister und wer wird die Enttäuschung der diesjährigen National League A-Meisterschaft?

Mit dem HC Ambri Piotta liefere ich wahrscheinlich nicht den fachkundigsten Tipp für den Schweizer Meistertitel. Dafür ist's einer, der aus dem Herzen kommt. Den Leventinern wünsche ich, dass sie - wohl auf wundersame Weise - ganz Grosses erreichen. Ich möchte keinem Klub das Siegel "Enttäuschung der Saison" aufdrücken.


Sie sind bei einem Klub aus der 1. Liga Geschäftsführer, am Anfang muss dies wie ein Kulturschock für Sie gewesen sein?

Überhaupt nicht! Ich darf mithelfen versuchen, einen der grossartigsten Klubs der Schweiz wieder auf die Beine zu bringen. Beruflich ist die Arbeit beim 1. Ligisten EHC Arosa eine riesige Herausforderung, die ich aber noch so gerne wahrnehme. Jeder Moment macht mich glücklich und stolz, für den EHC Arosa zu arbeiten.

Was sind die grössten Unterschiede zwischen diesen drei Ligen?

Beim EHC Arosa lag praktisch alles brach, was brach liegen konnte. Sowas gibt's in der NLB nicht - und schon gar nicht in der NLA. In der 1. Liga hat man bei fast allem fest anzupacken und kann nicht gross auf Manpower zählen, da dieser auf Grund der eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten nicht vorhanden ist.

Wie kam der Kontakt mit dem EHC Arosa zustande und was gab schlussendlich den Ausschlag diese grosse Herausforderung im Schanfigg anzunehmen?

Ich wurde vom Vorstand des EHC Arosa zu Beginn des Jahres kontaktiert. Neben dem EHC Arosa hatte ich auch noch Anfragen zweier anderer Nationalliga-Klubs aus dem Fussball und Eishockey. Den Ausschlag gab der EHC Arosa selber, mit seiner ganzen Geschichte, Verankerung, aber auch Problemstellung sowie natürlich die Menschen, die den Klub führen.

Wie man hört sind Sie sich für keine Arbeit im Klub zu schade und packen bei Allerlei an. Ist Herr Fetscherin sozusagen ein bisschen "Mädchen für alles"?

Niemand sollte sich bei den anfallenden Arbeiten für den EHC Arosa zu schade sein, diese zu erledigen. Was immer es ist: Der EHC Arosa steckte in einer absolut delikaten Situation. Wollen wir diese hinter uns lassen und sportlich wie auch im ganzen restlichen Betrieb entscheidend vorwärtskommen, muss sehr vieles erledigt werden. Und zwar jetzt. Wenn ich da mithelfen und dabei möglicherweise auch Schwachpunkte, die es zu korrigieren gilt, erkennen kann, hilft's dem EHC Arosa.

Ist es für den EHC Arosa längerfristig finanziell überhaupt möglich, in den kommenden Jahren den Sprung in den bezahlten Sport zu bewerkstelligen?

Ja. Der EHC Arosa kann dank seiner Einbettung in Arosa und dessen grössten Skigebiet des ganzen Kanton Graubünden Unternehmungen mehr bieten als manche aktuellen Vereine in der NLB oder NLA. Der Klub hat beste Verbindungen zu allen Entscheidungsträgern in Arosa und kann den Firmen dank seinem Netzwerk jegliche Türen zu einem lukrativen Markt öffnen.

Zu diesen Beziehungen gehören auch über 2'000 Zweitwohnungsbesitzer in Arosa, die grossmehrheitlich in hohen Kaderpositionen oder Unternehmensinhaber im Unterland sind. Unternehmungen die sich dieser Verbindungen des EHC Arosa bewusst sind, finden im EHC Arosa einen echt starken Partner - weit über den Eishockey-Sport hinaus.

Zudem hat der EHC Arosa noch immer eine grosse nationale Ausstrahlung und geniesst landesweit viel Sympathie. Als eine der schönsten Ferienregionen der Schweiz ist eine Rückkehr des EHC Arosa auf die nationale Plattform auch von touristischem Interesse und für viele Firmen interessant.

Der EHC Arosa ist sehr zukunftsorientiert und ist neben dem Live-Radio ab dieser Saison neu auch auf Periscope vertreten, (Der Zuschauer muss den Twitter Kanal des EHC Arosa followen, sowie die Gratis-App "Periscope" herunterladen und mit EHC Arosa-Twitter verbinden. Sobald der EHC Arosa live geht, erhält der Zuschauer eine Nachricht auf seinem Mobiltelefon), wie sind Sie mit der angelaufenen Übertragung im Internet zufrieden?

Als EHC Arosa, der im Schanfigg auf 1'800 Metern über Meer zu Haus ist, müssen wir neue Wege gehen. Der Klub hat in der ganzen Schweiz fünf Fanklubs (Graubünden, Zürich, Appenzell, Bern, Fribourg) mit rund 1'000 aktiven Mitgliedern. Diese können nicht immer nach Arosa fahren, leben aber den EHC Arosa als würden sie gleich um die Stadionecke wohnen.

Alle Fans in der Schweiz und im Ausland sollen ihr Stück "Arosa" bei sich haben. Der EHC Arosa ist der einzige Klub, der alle seine Matches selber produziert und ausstrahlt. Noch sind die Übertragungen, was das Technische und die Qualität anbetrifft, in den Kinderschuhen. Wir sind daran, das Angebot bereits in Kürze zu verbessern. Schon bald sollen die Übertragungen einer gewohnten TV-Produktion nahe kommen.

Schon jetzt top sind unsere Kommentatoren. Sie verkörpern auf wunderbare Weise den EHC Arosa. Sie sind begeistert und begeisternd in ihren Reportagen, bringen unheimlich viel Idealismus mit und verströmen wahnsinniges Herzblut für den EHC Arosa.

Wenn Sie den EHC Arosa in einem Wort erklären müssten, welches würden Sie nehmen?


Gallisch.